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WISSENSWERTES ZU BAUANTRAGSVERFAHREN

1) Wann brauchen Sie eine Baugenehmigung?

2) Was bedeutet Genehmigungsfreistellung – und wann kommt sie für Sie in Frage?

3) Welche Vorhaben sind verfahrensfrei (ohne Baugenehmigung)?

4) Welche Abstandsflächen gelten in Mitteldeutschland?

5) Wie lange ist Ihre Baugenehmigung gültig – und kann sie verlängert werden?

6) Wie lange dauert die Bearbeitung eines Bauantrags bei den Bauordnungsämtern?

7) Welche Unterlagen brauchen Sie für Antrag oder Freistellung?

8) Brauchen Sie die Zustimmung der Nachbarn?

9) Braucht Ihr Carport, Gartenhaus oder die Terrassenüberdachung eine Genehmigung?

10) Photovoltaik: Genehmigungspflicht ja oder nein?

11) Digitaler Bauantrag in Sachsen, Sachsen-Anhalt & Thüringen

12) Mit welchen Kosten/Gebühren sollten Sie rechnen?

13) Checkliste - Schritt für Schritt zum Bauantrag

1. Wann brauchen Sie eine Baugenehmigung?

Grundsätzlich sind die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung baulicher Anlagen genehmigungspflichtig. Ausnahmen ergeben sich aus den Vorschriften zu verfahrensfreien Vorhaben sowie der Genehmigungsfreistellung.

Rechtsgrundlagen: SächsBO § 59, BauO LSA § 58, ThürBO (2024) – Genehmigungspflicht/Genehmigungsfreiheit.

Wichtig: Auch wenn ein Vorhaben verfahrensfrei oder freigestellt ist, bleiben andere Anforderungen (Abstandsflächen, Brandschutz, Denkmalschutz, Gestaltungssatzungen) in der Regel bestehen.

2. Was bedeutet Genehmigungsfreistellung – und wann kommt sie für Sie in Frage?

Die Genehmigungsfreistellung (oft auch Bauanzeige) ist ein vereinfachter Weg im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans. Sie zeigen Ihr Vorhaben bei der Gemeinde an – eine Baugenehmigung wird nicht erteilt, aber die Gemeinde kann innerhalb der Frist ein Genehmigungsverfahren verlangen.

Typische Voraussetzungen:

  • Qualifizierter Bebauungsplan (B-Plan) liegt vor.
  • Erschließung ist gesichert
  • Keine Ausnahmen oder Befreiungen erforderlich
  • Kein Sonderbau.

Fristen und Ablauf:

  • Fristbeginn mit Eingang vollständiger Unterlagen bei der Gemeinde.
  • Fristende / Baubeginn: In der Praxis typischerweise 1 Monat (Thüringen); in Sachsen gibt es verwaltungsseitig auch Hinweise auf 3 Wochen. Bleibt ein Widerspruch aus, können Sie beginnen.
  • Widerspricht die Gemeinde, wird das Vorhaben ins (vereinfachte) Genehmigungsverfahren überführt.

Tipp: Nutzen Sie die amtlichen Vordrucke der Länder und prüfen Sie die Vollständigkeit – unvollständige Anzeigen stoppen die Frist.

3. Welche Vorhaben sind verfahrensfrei (ohne Baugenehmigung)?

Die genauen Schwellen unterscheiden sich je Land. Häufig verfahrensfrei sind zum Beispiel:

  • Kleine Nebengebäude bis zu bestimmten Kubikmeter- oder Quadratmetergrenzen (außer im Außenbereich).
  • Garagen/Carports bis zu einer bestimmten Grundfläche und mittleren Wandhöhe.
  • Terrassenüberdachungen im begrenzten Umfang.

Für die Detailprüfung: SächsBO (§ 60/61), BauO LSA (§ 60) und ThürBO (§ 60).

Beispiele (Auszug – weitere Details je Landesbauordnung):

Sachsen (SächsBO § 61):

  • Kleine Gebäude bis 75 m³ (außer Außenbereich)

  • Garagen/Carports bis 50 m² Grundfläche und 3 m mittlere Wandhöhe (je Grundstück)

  • Terrassenüberdachungen bis 30 m² Fläche und 3 m Tiefe.

Thüringen (ThürBO § 60):

  • Eingeschossige Gebäude bis 10 m² BGF (außer Außenbereich)

  • Garagen/Carports i. d. R. bis 40 m² Grundfläche und 3 m mittlere Wandhöhe (kommunale Merkblätter konkretisieren).

Sachsen-Anhalt (BauO LSA § 60):

  • Garagen/überdachte Stellplätze bis 50 m² und 3 m mittlere Wandhöhe (außer Außenbereich).

 

Wichtig: Verfahrensfreiheit ≠ Regelungsfreiheit. Abstandsflächen, Denkmal-/Gestaltungssatzungen, Brandschutz u. a. gelten trotzdem.

4. Welche Abstandsflächen gelten in Mitteldeutschland?

Faustformel in allen drei Ländern:
- Abstandsfläche = 0,4 × H (H = maßgebliche Wandhöhe), mindestens 3 m.
- Abweichungen/Erleichterungen sind möglich – prüfen Sie Bebauungsplan und Landesrecht.

Rechtsgrundlagen: SächsBO § 6, ThürBO § 6, BauO LSA § 6.

5. Wie lange ist Ihre Baugenehmigung gültig – und kann sie verlängert werden?

Grundsätzlich 3 Jahre Gültigkeit; beginnt der Bau nicht innerhalb dieser Frist (oder wird über 2 Jahre unterbrochen), erlischt die Genehmigung. Sachsen regelt zudem: Verlängerung auf Antrag möglich (Praxis: bis zu 2 Jahre). Thüringen und Sachsen-Anhalt: ebenfalls 3-Jahres-Geltung; Verlängerung per Antrag nach Landesrecht.

6. Wie lange dauert die Bearbeitung eines Bauantrags?

Die Dauer hängt von Verfahren, Auslastung der Behörde und der Vollständigkeit Ihrer Unterlagen ab.

  • Vereinfachtes Verfahren: mehrere Wochen bis wenige Monate.
  • Reguläres Verfahren: oft länger, insbesondere bei komplexen Vorhaben.

7. Welche Unterlagen brauchen Sie für Antrag oder Freistellung?

Orientieren Sie sich an den Bauvorlagenverordnungen:

  • Sachsen: DVOSächsBO (u. a. Lageplan nach § 9, Bauzeichnungen, Baubeschreibung, statische Nachweise je nach GK) und separate Checkliste für Freistellung. REVOSaxwww.dresden.de

  • Thüringen: ThürBauVorlVO (Welche Bauvorlagen je Verfahren einzureichen sind). Bürgerservice Thüringen

  • Sachsen-Anhalt: BauVorlVO LSA (Bauvorlagenkatalog).

- Lageplan (amtlich, Maßstab je nach Land)
- Entwurfs- und Ansichtszeichnungen, Schnitte, Flächen-/Kubaturangaben
- Baubeschreibung
- Erforderliche Nachweise je nach Vorhaben (Standsicherheit/Statik, Wärme-/Schallschutz, Brandschutz)
- Eigentumsnachweis, ggf. Nachbarzustimmungen
- Amtliche Vordrucke des jeweiligen Landes (DVOSächsBO, BauVorlVO LSA, ThürBauVorlVO)

8. Brauchen Sie die Zustimmung der Nachbarn?

Eine formale Nachbarzustimmung ist nicht immer Pflicht. Sinnvoll ist sie dennoch, insbesondere bei Abweichungen und Befreiungen. Viele Kommunen stellen Unterschriftsblätter oder Muster bereit. Frühzeitige Transparenz vermeidet Einwände und spart Zeit.

Eine generelle Nachbarzustimmung ist nicht immer vorgeschrieben – Beteiligungen erfolgen insbesondere bei Abweichungen/Befreiungen oder wenn Landesrecht/Kommunen dies vorsehen.

  • Sachsen: Regelungen zur Beteiligung der Nachbarn und der Öffentlichkeit in SächsBO § 70. REVOSax

  • Sachsen-Anhalt: BauO LSA § 69 – Benachrichtigung und Zustellung bei fehlender Zustimmung. Landesrecht Sachsen-Anhalt

  • Thüringen: Beteiligungsvorschriften im Abschnitt Verfahren (z. B. § 76), je nach Fallgestaltung. Bürgerservice Thüringen

Praxis-Tipp: Lassen Sie Nachbarn Pläne gegenzeichnen oder holen Sie schriftliche Zustimmungen ein – das vermeidet Einwände und beschleunigt. (Beispiel Merkblatt Radebeul) Radebeul

9. Braucht Ihr Carport, Gartenhaus oder die Terrassenüberdachung eine Genehmigung?

Häufig sind kleinere Anlagen verfahrensfrei (bis zu bestimmten Flächen/Höhen). Prüfen Sie die Grenzen Ihres Bundeslandes und beachten Sie Abstandsflächen sowie örtliche Gestaltungssatzungen. Im Zweifel hilft die Gemeindeverwaltung oder die untere Bauaufsichtsbehörde.

  • Sachsen (SächsBO § 61):
    Carport/Garage bis 50 m²/ 3 m meist verfahrensfrei; Terrassenüberdachung bis 30 m²/3 m Tiefe verfahrensfrei; Nebengebäude bis 75 m³ verfahrensfrei (je Grundstück/außer Außenbereich). REVOSax

  • Thüringen (ThürBO § 60 + Merkblatt Erfurt):
    Eingeschossige Gebäude bis 10 m² verfahrensfrei; Carports/Garagen häufig bis 40 m²/3 m (außer Außenbereich). Prüfen Sie örtliche Hinweise. Bürgerservice ThüringenErfurt

  • Sachsen-Anhalt (BauO LSA § 60):
    Garagen/überdachte Stellplätze bis 50 m²/3 m verfahrensfrei (außer Außenbereich). Landesrecht Sachsen-Anhalt

Beachten Sie stets Abstandsflächen (s. Frage 4) und ggf. Gestaltungssatzungen.

10. Photovoltaik: Genehmigungspflicht ja oder nein?

Dach- und Fassadenanlagen sind in der Regel verfahrensfrei. Ausnahmen gelten u. a. bei Hochhäusern, Denkmalschutz oder Freiflächen-PV. Prüfen Sie die Detailvorgaben Ihres Landes/der Kommune.

In allen drei Ländern sind Solaranlagen an Dach- und Außenwandflächen i. d. R. verfahrensfrei. Freiflächen-PV ist dagegen regelmäßig genehmigungspflichtig.

11. Wo stellen Sie den Bauantrag digital?

Alle drei Länder treiben die Digitalisierung voran. Je nach Kreis/Kommunen sind digitale Verfahren bereits verfügbar. Schauen Sie in die jeweiligen Bauportale der Länder oder informieren Sie sich bei Ihrer Gemeinde über den aktuellen Stand.

12. Mit welchen Kosten/Gebühren sollten Sie rechnen?

Die Gebühren bemessen sich in der Regel am Bauwert und am Verfahrensaufwand. Übliche Spannen liegen im niedrigen Promillebereich der Bausumme, zuzüglich Nebenkosten (Planung, Fachnachweise, Vermessung). Für eine belastbare Kalkulation fragen Sie Ihre zuständige Behörde bzw. sehen Sie in die Gebührenverordnung Ihres Landes.

Gebühren richten sich am Bauwert aus; Kommunen/Länder setzen Tarife fest:

  • Thüringen: ThürBauGVO600 €/100.000 € (vereinfachtes Verfahren), 700 €/100.000 € (regulär), mind. 75 €.

  • Sachsen: Beispiel Stadt Freiberg650 €/100.000 € (vereinfachtes Verfahren § 63 SächsBO) bzw. 850 €/100.000 € (regulär § 64), jeweils Mindestgebühr. (Kommunal unterschiedlich.)

  • Sachsen-Anhalt: Gebühren nach Baugebührenverordnung (BauGVO LSA) – Höhe abhängig von Tatbeständen/Aufwand.

13. Praxis-Checkliste: Schritt für Schritt

1. Planungsrecht prüfen: Bebauungsplan / Innen- oder Außenbereich klären.
2. Verfahrensart bestimmen: verfahrensfrei, Genehmigungsfreistellung oder (vereinfachtes) Genehmigungsverfahren.
3. Bauvorlagen zusammenstellen: Lageplan, Zeichnungen, Nachweise, Vordrucke.
4. Nachbarn informieren: Zustimmung einholen, Konflikte vermeiden.
5. Einreichen: digital (wo möglich) oder klassisch; Fristen beachten (Freistellung!).
6. Rückfragen rasch klären: Vollständige Unterlagen beschleunigen das Verfahren deutlich.